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Vertrauen im Homeoffice

Serie Führen auf Distanz

 

Im Auftakt Homeoffice – Fluch oder Segen? | Business-Partner (bipa.ch) zu unserer Blogreihe «Führen auf Distanz» haben wir unsere Homeoffice Mindmap vorgestellt. In diesem Beitrag wollen wir uns dem kryptischen Begriff Vertrauen annähern, indem wir im ersten Teil kurz unser Verständnis davon erläutern und in einem zweiten Teil auf die Besonderheiten im Kontext von «Führen auf Distanz» eingehen.

Viele Wege führen zu Vertrauen

In unserem Verständnis haben verschiedene Aspekte einen vertrauensfördernden Einfluss auf die Zusammenarbeit. Werfen wir zuerst einen Blick auf Fairness und Transparenz. Während Transparenz eher objektiv beurteilt werden kann, erfolgt die Wahrnehmung von Fairness rein subjektiv. Dennoch hängen beide Begriffe eng zusammen: um beispielsweise einzuschätzen, inwiefern eine Entscheidung fair ist, hilft es zu verstehen, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist und welche Kriterien berücksichtigt wurden. Hierzu muss das Entscheidungsverfahren transparent und nachvollziehbar aufgezeigt werden. Vertrauen zeigt sich auch in einer respektvollen Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Führungspersonen. Und Respekt spielt wiederum in das Prinzip der Reziprozität hinein, das als ein faires Geben und Nehmen verstanden werden kann. Schliesslich baut Vertrauen auf dem offenen und ehrlichen Dialog auf: Die Mitarbeitenden dürfen sich auch mal kritisch äussern, ohne befürchten zu müssen, dass dies negative Konsequenzen nach sich zieht. Seitens Organisation kann diese psychologische Sicherheit nicht zuletzt über eine gute Fehlerkultur gefördert werden: Aus Fehlern soll man lernen, «Fingerpointing» ist kontraproduktiv.

 

Vertrauensaufbau aus der Distanz

Doch wie kann eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre aus der Distanz geschaffen werden? Tatsächlich stellt dies die Mitglieder von Organisationen vor einige zusätzliche Herausforderungen – ja, teilweise müssen die Regeln des Zusammenarbeitens sogar neu ausgehandelt werden. Anbei ein paar Tipps, um das bestehende Vertrauensverhältnis nicht zu kompromittieren bzw. weiter aufzubauen:

Die wichtigste Voraussetzung für eine reziproke Beziehung kann vielleicht folgendermassen veranschaulicht werden:

Führungsperson: «Ich gehe davon aus, dass du deine Arbeit gut machst, dich an die vereinbarten Rahmenbedingungen hältst und dir bei Bedarf selbständig Hilfe holst. Ich vertraue dir.»

Mitarbeiter*in: «Ich gehe davon aus, dass du an meine Fähigkeiten glaubst, meine Arbeit gut zu machen. Innerhalb der vorgegebenen bzw. vereinbarten Rahmenbedingungen bestimme ich selbst, wie und wann oder wo ich diese Arbeit erledige.»

Man sieht schon, dass dieser «psychologische Vertrag des Vertrauens» nicht auf beiden Seiten gleich ist – dies, weil die betroffenen Personen innerhalb der Organisation auch nicht gleichgestellt sind: Die Führungsperson vertritt die Organisation. Als solche hat sie mehr Macht und steht darum in der Pflicht, einen Vertrauensvorschuss zu geben.

 

Transparenz vs. Überwachung

Zudem geht Homeoffice nicht selten mit einem Kontrollverlust seitens der Führungspersonen einher. Um dies etwas aufzufangen, kann Transparenz bei der Informationsteilung und dem Sichtbarmachen von Arbeitsleistung ein sinnvolles Führungssubstitut bieten. Clevere Tools wie Kanban-Boards schaffen Klarheit: Die Mitarbeitenden sehen darauf die anstehenden und erledigten Aufgaben, integrierte Links führen zu den relevanten Informationen. Da keine Einträge gelöscht werden, ermöglicht dies sowohl die Nachvollziehbarkeit von Prozessen als auch von Ergebnissen – was wiederum die subjektive Fairnesswahrnehmung der Mitarbeitenden erhöht.

Dennoch: Transparenz darf kein Freipass sein für den «gläsernen» Mitarbeitenden. Dort wo Transparenz in Überwachung übergeht, wird die Vertrauensbasis verletzt. Dass im letzten Jahr zahlreiche Unternehmen zunehmend in Überwachungssoftware investiert haben, ist nicht nur aus Sicht des vertrauensvollen Zusammenarbeitens besorgniserregend, sondern auch rechtlich problematisch. Als Mitarbeitende würde ich primär fragen: Warum macht ihr das überhaupt, vertraut ihr mir nicht, dass ich meine Arbeit gut erledige? Auch der unter fadenscheinigem Vorwand getätigte Kontrollanruf des Vorgesetzten zwecks Anwesenheitsüberprüfung ist Gift für eine vertrauensvolle Beziehung. Stattdessen ist es sinnvoll, Kalender zu öffnen und effektive Verfügbarkeiten sichtbar zu machen. Das darf dann auch bedeuten: Jetzt brauche ich Pause – bitte nicht stören!

 

Echtes Interesse

Gerade im Kontext von transparenten Kollaborationstools muss man sich vor Augen halten, dass Hemmungen bestehen können, eigene Arbeiten offenzulegen. Man fühlt sich vielleicht exponiert und verspürt einen Rechtfertigungszwang. Solche Ängste müssen ernst genommen und angesprochen werden.

Und gerade weil man sich nicht mehr «automatisch» im Office über den Weg läuft, muss der persönliche Kontakt viel bewusster hergestellt werden. Im Rahmen von aufgabenbezogenen Check-ins darf deshalb die Führungsperson auch mal ab und zu nachfragen, wie man zurechtkommt oder ob man noch Unterstützung braucht. Dies wirkt nicht kontrollierend und ist eine sehr direkte und wirksame Form von Wertschätzung.

 

Vertrauen kann also auch aus der Distanz aufgebaut und gepflegt werden. Nehmen wir dies als Ausgangslage mit für die kommenden Blogbeiträge zu «Führen auf Distanz». Im nächsten Blog spreche ich mit Daniela Frau, Diversity Management Beauftragte an der ZHAW School of Management and Law, über das Thema Fairness und Inklusion im Kontext von Homeoffice.

IHR ANSPRECHPARTNER

Thomas Hardegger

Der Stratege

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